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Ein Islamdenker für unsere Zeit |
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Mustafa Kemal ordnete eine streng nationalistische Ausrichtung der neuen Türkei an unter Verbannung der Religion aus allen Bereichen. Der Islam wurde gleichzeitig aus den Schulen verbannt, theologische Hochschulen, die Medresen und Ordenshäuser geschlossen, Koranschulen verboten - selbst der Esan, der Ruf zum Gebet, wurde verboten; hunderte Moscheen wurden für nichtreligiöse Zwecke benutzt. Pläne, alles abzuschneiden was die Nation mit der Vergangenheit und ihren moralischen Werten verbindet, wurden vollzogen. Durch den Wechsel der Schrift vom arabischen zum lateinischen Alphabet waren alte Bücher der folgenden Generation nicht mehr zugänglich. Die Zeitungsherausgeber und Publizisten standen unter Zensur der Presseabteilung der Regierung, die es "als schädlich erachtet, das Konzept der Religion in den Gemütern der Jugendlichen zu fördern." Der Bekämpfung der islamischen Kultur auf allen Ebenen fielen tausende Leben zum Opfer. Said Nursi war wegen seiner Berühmtheit und seinem Einfluss von den Verfolgungen besonders betroffen. Über 1000 Mal wurde er angeklagt, vor's Gericht gestellt und trotz Freispruchs wurde er verbannt, ins Gefängnis gesteckt, Mordanschlägen ausgesetzt. Ca. fünfunddreißig Jahre seines Lebens verbrachte er in Verbannung und im Gefängnis. Trotz aller Bemühungen ihn mundtot zu machen, gelang es ihm, seine Werke zu verfassen, die 600.000-fach von seinen Schülern und Studenten, die ihn auf Schritt und Tritt folgten, per Hand vervielfältigt wurden. Nur damit er nicht schreiben und diktieren konnte, waren Said Nursi der Besitz von Papier und Schreibwaren verboten, was Said Nursi jedoch nicht davon abhielt. Auf Zeitungsrändern, auf Streichholzschachteln und Zementsäcken wurde weitergeschrieben. Von den Verfolgungen waren auch die von seinen Werken motivierten aktiven Muslime und ihre islamisch-religiösen Unternehmungen stark betroffen. Im Untergrund, in privaten Häusern versuchten sie den Islam weiter zu unterrichten, und Islamstudium zu betreiben.
In Burdur wurde er unter Bedingungen strengster Überwachung und Druck gehalten. Dies hielt ihn aber nicht ab, den Leuten in seiner Umgebung die Glaubenswahrheiten zu lehren und vom geheimen Zusammenstellen seiner Schriften. Seine Aktivitäten wurden nach Ankara berichtet, wo man Pläne vorbereitete, ihn zum Schweigen zu bringen. Und man schickte ihn nach Barla, einem abwegigen Platz in Zentralanatolien umgeben von Bergen, mit dem Gedanken, dass Bediuzzaman hier möglicherweise aus Unvermögen und Einsamkeit sterben würde. Doch er starb nicht. Während der acht ein halb Jahre, die er in absoluter Unterdrückung in Barla verbrachte, schrieb Bediuzzaman drei Viertel der Risale-i Nur Sammlung. Die Abhandlungen waren alle mit der Hand geschrieben, weil weder der Autor noch seine Studenten die Druckkosten aufbringen konnten. Selbst wenn sie in der Lage hierzu gewesen wären, hatten sie die Freiheit dafür nicht. Die Abhandlungen per Hand zu vervielfältigen war ebenso eine gefährliche Sache. Diejenigen, die es wagten, wurden im Gefängnis und auf der Polizeistation drangsaliert und jeder Versuch wurde unternommen, die Leute davon abzuhalten, mit Said Nursi in Kontakt zu kommen. 1935 wurde Said Nursi mit 125 seiner Schüler und Studenten zur Untersuchung am Gerichtshof in Eskisehir eingesperrt. Im Gefängnis in Eskisehir, wo sie elf Monate während der Gerichtsverhandlung verbrachten, mussten sie unerträgliche Schikanen hinnehmen. Zum Frühlingsbeginn wurden sie freigelassen, aber nicht in Frieden. Wieder durch Gendarmen eskortiert, wurde Said Nursi ins Exil nach Kastamonu geschickt. Dort verbrachte er die ersten drei Monate auf einer Polizeistation. Dann wurde er in ein Haus gegenüber der Polizeistation verlegt. |
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In Kastamonu lebte Said Nursi sieben
Jahre, in denen er seine Schreibtätigkeit und das Verbreiten des Risale-i Nur fortsetzte,
und das trotz der widrigen Umstände und der ständigen Gefahr entdeckt zu werden.
Weil er und seine Studenten fast jeder Art von
Freiheit beraubt waren, bildeten sie ihre eigene Postorganisation, die
"Nur-Postboten" genannt.
600.000 handgeschriebene Kopien der Abhandlungen
wurden überall in Anatolien verbreitet.
1943 wurde er wieder eingesperrt und
zusammen mit 126 seiner Studenten vor das Strafgericht in Denizli gebracht. Der Hauptpunkt
der Anklage war, weil Said Nursi unlängst eine Abhandlung über die Existenz Gottes in
Istanbul gedruckt hatte. Auch im Gefängnis war sein Einsatz unaufhörlich. Er verfasste
neue Traktate und da Papier und Schreibzeug im Gefängnis nicht erlaubt waren, wurden die
Abhandlungen auf schmale aus Papiertüten gerissenen Papierstreifen geschrieben und in
Streichholzschachteln hinausgeschmuggelt.
Früchte des Glaubens wurden auf diese Weise geschrieben. Wegen der gesetzlichen Willkür, seinen ständigen Verfolgungen, den Schikanen aus nichtigen Anlässen, aus Vermutungen und Verdächtigungen heraus, wegen der Haltung des Ministeriums, das alle Richter, Anwälte für seine Verurteilung angewiesen hatte, verglich Said Nursi seine groteske Situation einmal mit dem Kind in der folgenden Geschichte:
Der Prozeß in Denizli endete in einem einstimmigen Freispruch. Aber das hieß nicht, dass Said Nursi seine Freiheit bekam. Auf Befehl aus Ankara wurde er in eine andere Stadt, nach Emirdag geschickt In Emirdag erwartete Said Nursi genau das gleiche wie anderswo auch: wieder Überwachung, Druck und Folter und ungeachtet dessen ein ununterbrochener unermüdlicher Dienst am Glauben. Die Periode in Emirdag endete auf die übliche Weise im Gefängnis. Zusammen mit 53 seiner Schüler und Studenten wurde Said Nursi zum Strafgerichtshof nach Afyon geschickt und sie verbrachten dort 20 Monate im Gefängnis. Die Grausamkeiten, denen sie dort ausgesetzt waren, übertrafen all die vorherigen. Said Nursi war 72 Jahre alt und litt an verschiedenen Krankheiten. Diejenigen seiner Gefolgsleute, die es wagten sich ihm zu nähern um ihm zu helfen, wurden unbarmherzig in die Bastion geschickt.
Schließlich und endlich wurde durch den Obersten Gerichtshof das verhängte Urteil annulliert. Acht Jahre später, 1956, gab der Gerichtshof bekannt, dass diejenigen die unter unerträglichen Bedingungen fast zwei Jahre im Gefängnis verbracht hatten nun unschuldig befunden werden. Der Übergang zu einem Mehrparteiensystem nach 1950 brachte eine teilweise Erleichterung in den Bedingungen unter denen Bediuzzaman und seine Schüler und Studenten zu leiden hatten. Trotzdem hatten sie noch manches zu erdulden, denn den antireligiösen Kräften, die den Staat regierten, verursachte ihr Dienst an Koran und Glauben weiterhin Unbehagen. |
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